Verwirrung der Gefühle

Stefan Zweig als 19-Jähriger

Verwirrung der Gefühle ist eine Novelle des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig, die er im Jahr 1927 veröffentlichte.

Verwirrung der Gefühle erzählt von einem Akademiker, der sich anlässlich seines sechzigsten Geburtstags (der Untertitel lautet „Private Aufzeichnungen des Geheimrates R. v. D.“) an einen Professor erinnert, der ihm in seiner Jugend den Weg zum geistigen und Gefühlsleben eröffnete. Der Text behandelt die Leidenschaft des Studierens, die er kennenlernt, aber auch die Stärke einer Freundschaft zwischen den Generationen. Schließlich thematisiert der Text die Liebe eines alternden Mannes zu einem jungen Mann, die Qual, diese Liebe einzugestehen, und die Gefühlsverwirrung, die sie auslöst sowie das Unterdrücken und Verbergen der eigenen Homosexualität der Periode.

Inhalt

Als Sohn eines Gymnasialdirektors einer kleinen norddeutschen Stadt studiert der 19-jährige Roland D. zunächst Englisch in Berlin. In der deutschen Hauptstadt führt er mehrere Monate lang ein ausschweifendes Leben unter Vernachlässigung seines Studiums. Als der Vater dies erfährt, schickt er ihn an die Universität einer kleinen mitteldeutschen Stadt. Dort fesselt ihn die Ausstrahlung und Intelligenz eines Professors der Philologie und dessen Leidenschaft für Shakespeare.

Der Lehrer spürt die Zuneigung und bietet ihm an, ein Zimmer seines Hauses zu mieten. Danach entwickelt sich zwischen dem Studenten und seinem Lehrer ein immer engeres Verhältnis. Roland hilft seinem Lehrer, sein Buch über die Literatur der elisabethanischen Epoche zu Papier zu bringen. Trotz seiner Unterstützung verhält sich sein Lehrer widersprüchlich zu ihm: Manchmal sucht er explizit seine Nähe, in anderen Situationen weist er ihn kalt ab. Dieses Verhalten taucht den Studenten in jene tiefe Verwirrung seiner Gefühlswelt. Er sucht die Nähe der Frau des Professors, zumal die Ehepartner kühl miteinander umgehen, und verbringt eine Liebesnacht mit ihr. Danach fühlt er sich genötigt, das Haus für immer zu verlassen. Der Professor nimmt den Abschied zum Anlass eines umfassenden biografischen und persönlichen Selbstbekenntnisses.

Rezeption

Zu Zweigs Novelle gibt es Kommentare von Sigmund Freud und anderen namhaften Autoren. Sie wurde mehrfach dramatisiert und verfilmt.

Bekannte Zitate

„Auch die Pause gehört zur Musik“

Stefan Zweig: Verwirrung der Gefühle[1]

Literatur

  • Rolf Füllmann: Stefan Zweigs ,Verwirrung der Gefühle` und die Entwirrung konstruierter Geschlechterverhältnisse. In: Rolf Füllmann (Hrsg.): Der Mensch als Konstrukt. Festschrift für Rudolf Drux zum 60. Geburtstag. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89528-709-1, S. 181–195. 
  • Volltext der Novelle. In: Projekt Gutenberg-DE. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juli 2016; abgerufen am 16. April 2020. 
  • Englische Website mit Informationen

Einzelnachweise

  1. In den milden Worten des Lehrers, bevor er dem Studenten nach versäumtem ersten Semester ein Zimmer im Haus vermittelt. Das so durch Zweig bekannt gewordene Zitat findet sich auch schon bei Alexandre Weill: Die Musik. In: Staatsentwürfe über Preussen und Deutschland. Leske, Darmstadt 1845, S. 257–270 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). 
Werke von Stefan Zweig
Gedichtbände

Silberne Saiten | Die frühen Kränze

Prosawerke

Vergessene Träume | Praterfrühling | Im Schnee | Zwei Einsame | Ein Verbummelter | Die Liebe der Erika Ewald | Der Stern über dem Walde | Die Wanderung | Die Wunder des Lebens | Das Kreuz | Scharlach | Geschichte eines Unterganges | Geschichte in der Dämmerung | Die Gouvernante | Brennendes Geheimnis | Sommernovellette | Das Herz Europas | Fahrten. Landschaften und Städte. | Die Legende der dritten Taube | Der Zwang | Brief einer Unbekannten | Der Amokläufer | Die Augen des ewigen Bruders | Phantastische Nacht | Die Mondscheingasse | Die Frau und die Landschaft | Die unsichtbare Sammlung | Angst | Episode am Genfer See | Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau | Untergang eines Herzens | Verwirrung der Gefühle | Die gleich-ungleichen Schwestern | Die Hochzeit von Lyon | Sternstunden der Menschheit | Leporella | Buchmendel | Unvermutete Bekanntschaft mit einem Handwerk | Die Kette | Kaleidoskop | Der begrabene Leuchter | Begegnungen mit Menschen, Büchern, Städten | Ein Mensch, den man nicht vergißt | Ungeduld des Herzens | Brasilien. Ein Land der Zukunft | Schachnovelle | Die Welt von Gestern | War er es? | Die spät bezahlte Schuld | Rausch der Verwandlung | Wondrak | Widerstand der Wirklichkeit | Clarissa

Dramen

Tersites | Der verwandelte Komödiant | Das Haus am Meer | Jeremias | Legende eines Lebens | Volpone | Quiproquo | Adam Lux | Das Lamm des Armen | Die schweigsame Frau

Biografien

Verlaine | Emile Verhaeren | Die Baumeister der Welt (Drei Meister: Balzac – Dickens – Dostojewski, Der Kampf mit dem Dämon: Hölderlin – Kleist – Nietzsche, Drei Dichter ihres Leben: Casanova – Stendhal – Tolstoi) | Marceline Desbordes-Valmore. Das Lebensbild einer Dichterin | Romain Rolland. Der Mann und das Werk | Frans Masereel | Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen | Die Heilung durch den Geist | Sigmund Freud | Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters | Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam | Maria Stuart | Castellio gegen Calvin | Magellan. Der Mann und seine Tat | Amerigo. Die Geschichte eines historischen Irrtums | Montaigne | Balzac. Roman seines Lebens

Normdaten (Werk): GND: 109816556X (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 310231518